Blicke nach innen

Die Frau von Nirgendwo

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Sie hatte es geschafft. Weil sie stark war.

Froh war sie heute, dass sie sich für diesen Schritt der Trennung entschieden hatte. Und sie hatte sich damals auch vorgenommen, dass kein Mann mehr eine Chance bekommen sollte, ihre Bewegungsfreiheit einzuengen. Sie hatte überhaupt den Glauben an gute Männer verloren.

Bis sie auf jenen Antonio in Andalusien traf. Dessen Anblick hatte sie von der ersten Sekunde elektrisiert. Sie war bei Freunden zu einem Fest eingeladen und tat etwas, von dem er nicht ahnte was es bei Maria auslösen würde. Er sah sie breitete die Arme aus und sang: „Mädel ruck ruck ruck an meine grüne Seite…“

Da war es geschehen um Maria. Genau das tat nämlich, als sie noch 7 Jahre alt war ihr heiß geliebter Onkel Walter mit Ihr, worüber sie sich immer irrsinnig freute. Antonio war eigentlich kein schöner Mann. Aber er hatte eine unsagbare Ausstrahlung, trotz halber Glatze. Und er war der liebenswürdigste Mann, den sie je getroffen hatte. Er schien ihr den Himmel auf Erden zu bereiten. Sie verliebte sich so sehr, dass sie alles vergaß, was jemals in Ihrem Leben Bedeutung hatte. Für diesen Mann hätte sie alles getan. Trotz Wechseljahren bekam sie sogar nach 6 Jahren ihre Menstruation wieder. Es war eine himmlische Zeit voller Liebe und Zärtlichkeiten. Er war das krasse Gegenteil ihres Ehemanns.

Maria zieht nochmals tief an Ihrer Zigarette.

Ihr fällt der wunderschöne Sommerabend an Andalusiens Küste ein. Sie stand fast wie heute auch auf dem Balkon und betrachtete den Sonnenuntergang. Die Sonne küsste gerade den Bergkamm und verschwand hinter ihm. Und man konnte nicht sehen, was Berg und Sonne da trieben. Es musste so schön sein, dass der Himmel darüber errötete. An diesem Abend sollte Antonio von einer Geschäftsreise heimkommen. 2 Wochen war er weg gewesen – eine Ewigkeit.

Er hatte ihr am Telefon eine Riesenüberraschung versprochen und sie hatte sofort ihr ganzes Wissen aus der Hotelfachschule zusammengenommen um ihm den schönsten Empfang seines Lebens zu bieten. Der Tisch war bis aufs I-Tüpfelchen gedeckt, die rosa Tischservietten kunstvoll zum Fächer gefaltet, Ihr Meißner Porzellangeschirr, das sie von Ihrer Großmutter vererbt bekam, und letztmals bei Ihrer Hochzeit benutzte, das 30 Jahre sorgfältig in der Glasvitrine aufbewahrt war kam ebenso zum Einsatz wie das echt silberne Besteck. Ein alter Bordeaux thronte, die Serviette anständig um den Hals gefaltet, wohltemperiert bei Zimmertemperatur auf dem Tisch und die Kerzen waren zum Anzünden bereitgestellt. Es sollte der romantischste Abend dieses Jahrhunderts werden. Dazu hatte sie sich ein wunderschönes bordeauxfarbenes Abendkleid gekauft, sorgfältig unauffällig geschminkt. Die brillantene Halskette schimmerte über dem verführerisch tief ausgeschnittenem Dekolleté an dem zwei Millimeter – und damit etwas unanständig – der darunterliegende schwarze Büstenhalter hervorspitzte und weitere Reizwäsche vermuten ließ.

Da hörte sie den Haustürschlüssel. Sie errötete, zupfte das Dekolleté zurecht, nahm sich vor ihren vibrierenden Körper zur Ruhe zu bringen, zündete hastig noch die Kerzen an und wartete darauf, dass jede Sekunde sich die Türe öffnen würde.

„Schatz?“ hörte sie ihn rufen.

„Hier bin ich!“ rief sie verhalten zurück.

Sie zwang sich, nicht die Treppe hinunterzueilen, um ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren. In Sekunden war er oben, einen Riesenstrauß Rosen in der Hand, strahlend über das ganze Gesicht – und nahm sie schweigend und lächelnd in die Arme. Er brauchte nichts zu sagen. Und sie kämpfte mit Tränen. Tränen des Glücks. Es folgte ein nicht enden wollender leidenschaftlicher Kuss, von dem sich beide schließlich wegreißen mussten.

„Psst – Erzähl´s mir nach dem Essen!“ fiel sie ihm ins Wort, als sie merkte, dass er seine Überraschung ungeduldig sofort loswerden wollte.

Es sollte eine der schrecklichste Überraschungen Ihres Lebens werden….

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